Das erste TSV-Zeltlager
im Jahre 1965 am Seehof

Aus dem Merkblatt zur Ausschreibung
des ersten Sommerzeltlagers des TSV:

Ort:Bethof bei Lauterschwan
Zeit:Sonntag, den 1. August
bis Samstag, den 7. August 1965
Verantwortlich für
die Lagerleitung:
Hagenmüller Wilhelm, Bachmann Edmund
Kosten:pro Teilnehmer insgesamt DM 7.-
Fahrtgelegenheit:Privat-PKW von Vereinsmitgliedern
Sonstiges:Wir führen dieses Lager erstmals durch, sozusagen als Testfall. Von seinem Ausgang hängt unsere Planung für die kommenden Jahre ab. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß Disziplin und Kameradschaft von jedem Teilnehmer als oberstes Gebot beachtet werden.

Der Lagerbericht:

Die Handball-Jugend des TSV Wernersberg
auf froher Fahrt ...

Eine jede für die Betreuung von Jugendlichen verantwortliche Vereinsführung muß sich in unserer heutigen Zeit darüber Gedanken machen, welche Wege beschritten werden müssen, um der Jugend Gelegenheit zu geben, zu einer echten Gemeinschaft zusammen zu wachsen, andererseits aber auch einen Anreiz zu schaffen, zu dieser Gemeinschaft zu stoßen.

Was liegt da näher und wäre besser geeignet, als ein Jugend-Zeltlager aufzuziehen ?

Der Plan reifte und wurde zur Tat. Zunächst war vorgesehen, das Zeltlager auf dem Bethof zu machen. Aufgrund der unsicheren Wetterlage, die ein Zelten ohne feste Unterkunfts- und Aufenthaltsmöglichkeit sehr problematisch erscheinen ließ, wurde versucht, eine Ausweichmöglichkeit zu finden, und diese Ausweichlösung entpuppte sich als Ideal-Lösung.

Der Fußball-Sportverein Erlenbach bei Dahn erklärte sich bereit, sein Sportheim zur Verfügung zu stellen.

Das Heim und der angrenzende Sportplatz liegt idyllisch mitten im Wald, verfügt über eine Küche mit Nebenraum, Wasser-Lichtanschluß, Toilettenanlagen, großem Kühlschrank usw. Wirklich ein idealer Platz für ein Zeltlager.

Der Vorstand Stadelmann vom SV Erlenbach kam uns aufgrund einer guten Verbindung mit einem Lager-Mitverantwortlichen sehr weit entgegen und überließ uns das Heim kostenlos. Auch an dieser Stelle muß nochmals ein herzliches Danke-schön dem SV Erlenbach gesagt werden. Wenn der Verein wie alljährlich sein Schlachtfest im November abhält, wäre es eine pure Anstandspflicht, wenn eine gute Anzahl von Mitgliedern unseres Vereins daran teilnimmt, um durch entsprechenden Verzehr doch in etwa einen materiellen Dank abzustatten.

Also, das Lager fand statt. Die Merkblätter über alles Wissenswerte zusammen mit einer Einverständniserklärung für die Eltern ging hinaus, es meldeten sich 13 Jugendliche. Später kam noch ein 14. hinzu.
Verantwortlich für das Lager waren Hagenmüller Wilhelm und Bachmann Edmund. Die Lagerkosten beliefen sich für jeden einzelnen Teilnehmer auf insgesamt DM 7.-
Wahrscheinlich ein einmaliger Preis !

Abfahrt war Sonntag, 1. August 16 Uhr, am Vereinslokal Kurz, mit Privat-PKW von Vereinsmitgliedern.
13 erwartungsvolle Buben harrten der Dinge, die da kommen sollten.

Nach 1/2-stündiger Fahrt waren wir am Ziel, sofort wurden die Zelte aufgeschlagen, das Gepäck verstaut und sich wohnlich eingerichtet. Das Holzkommando holte das Holz für das erste Lagerfeuer und ein lebendiges Treiben zog in ein an sich ruhiges Fleckchen Erde ein. Die Verpflegung Sonntagsabends war noch aus dem Rucksack, dazu gabs Tee, und schon war die erste Reklamation da. Die Küche hatte sich in der Teemenge zu kurz gefaßt und schon hieß es: Nennt man das volle Verpflegung ? Dieser Mangel trat in der Folge jedoch nicht mehr auf und 13 hungrige Mäuler wurden bei jeder Mahlzeit restlos satt.

Der Tagesplan wurde bekannt gegeben, er lautete:

7,00 UhrWecken
7,15 UhrFrühsport
7,30 UhrWaschen
7,45 UhrKaffeetrinken
8,00 UhrAufräumen usw.
8,30 UhrBaden im Seehof, Handball-Spielen, sonstige Spiele usw.
11,45 UhrWaschen
12,00 UhrMittagessen
12,30 Uhrbis14,00 UhrMittagsruhe, Pflichtruhe für alle
14,00 Uhrbis18,30 UhrWanderung, Baden, Spiele
- je nach Wetterlage verschieden
19,00 UhrAbendessen
19,30 UhrLagerfeuer richten
20,00 UhrLagerfeuer
22,00 UhrRuhe im Schiff

Der Küchendienst wurde eingeteilt, und zwar sorgen jeden Tag 2 andere für Sauberkeit im Sportheim, Geschirrspülen, Mithilfe beim Kochen usw.

Der Küchenzettel lautete:

Morgens zum Kaffee jeder:3 Brötchen
1 gekochtes Ei
Wurst bzw. Käse
Butter
Kaba, soviel jeder trinken mag
 
MittagsAbends
MontagsErbsensuppe mit Speck, Servelat und BrotHartwurst, Käse, Butter, Brot
DienstagsPfanni-Knödel, Gulasch, SalatPudding, Gef. Kranzkuchen, Schokolade, Kaba
MittwochsSauerkraut, Dürrfleisch, KartoffelnÖlsardinen, Butter, Brot
DonnerstagsEier-Ravioli, Hackbraten-Soße, ErbsenHausmacher Dosenwurst, Brot
FreitagsMaccaroni, KirschenWeißer Käse, Pellkartoffeln
SamstagsKartoffelsalat, Rippchen

Dieser Speisezettel läßt erkennen, daß es durchaus nicht jeden Tag Eintopfgerichte gab, wie man allgemein zu glauben geneigt ist. Der Appetit war entsprechend, und es machte Spaß zu erleben, wie ein lautes Treiben plötzlich still wurde und jeder intensiv damit beschäftigt war, sich die Magenwände vollzuschlagen. Der Mengenrekord wurde von "Dunel" gehalten, der sich sage und schreibe 22 Pellkartoffeln mit den nötigen Mengen Sauerkraut und Dürrfleisch einverleibte.

Wenngleich auch die erste Nacht recht unruhevoll war, alles war noch neu und ungewohnt, sodaß die letzten Augendeckel erst gegen 1 Uhr herunterklappten und die ersten schon wieder um 1/2 5 Uhr in die Höhe gingen, war in der Folge die Nachtruhe dank des unaufhörlichen Kreisens unseres Nachtwächters gesichert. Notorische Störer wurden zur "Beruhigung" ins Sportheim in die Nähe der Verantwortlichen verfrachtet und siehe da, der Schlummer stellte sich schnell ein.

Wanderungen wurden durchgeführt:

Zum Bethof, wobei wir feststellten, daß die Umdisposition zum Seehof ein reines Glück für uns war;

Zur Burg Berwartstein mit Burgbesichtigung und Klein-Frankreich;

Mit Fahrzeugen bis Nothweiler und von hier ab zu Fuß über die Wegelnburg, Hohenburg, Fleckenstein, Gimbelhof, Litschhof zurück nach Nothweiler.
Beim Grenzübergang ohne Schranken, Zöllner, Grenzpolizei wurde den Buben vor Augen gehalten, daß sie hier Europa in praktischer Form erleben. Kein Mensch frägt mehr nach Ausweisen, zu verzollende Ware udgl. Es wurde aber auch darüber gesprochen, wie irrsinnig die Zonengrenze mitten durch Deutschland ist. Während man ungehindert von Deutschland ins Ausland reisen kann, riskiert man sein Leben, wenn man von Deutschland nach Deutschland (Ost nach West) kommen will.
Bei dieser Wanderung fiel der beste Ausspruch vom ganzen Zeltlager. Ausgerechnet der Kleinste (Erwin) sprach in ehrfurchtsvoller Bewunderung: Wihelm (Hagenmüller), Deine Beine ... das strahlendste Weiß meines Lebens !!!
Von ihm stammt auch der sehnsuchtsvolle Ausspruch kurz vor dem Einschlafen, nach dem Genuß von reichlich weißem Käse mit viel Zwiebeln: Ich glaube, heute Nacht träume ich von einem Faß Bier von 50 Liter, das ich ohne abzusetzen leers.... .

Den Verantwortlichen fiel es manchmal recht schwer, bei derartigen Ergüssen mit der nötigen Strenge endlich Ruhe zu bieten.

Wir besuchten weiter den Drachenfels und besichtigten anschließend die Schuhfabrik unseres früheren Handballspielers Hagenmüller Eugen in Busenberg.

Außer den interessanten Besichtigungen hatten die Wanderungen den unschätzbarenVorteil, daß sie für die nötige Bettschwere sorgten und den Drang, sich als Nachtgeist zu betätigen, fühlbar eindämmten.

Mit ein Höhepunkt des Lagers war es, als wir Besuch von zu Hause bekamen. Einige Herren der Vereinsführung und einige Aktive kamen am Donnerstagabend zum Lager am Seehof und verlebten hier einen unterhaltenden Abend am Lagerfeuer. Sowohl die Spiele: Blindes Speerstechen, Mumien-verpacken, Zielwurf, Flaschentanz usw. als auch die flott gesungenen Lieder am Lagerfeuer fanden allgemein Anklang. Auch, daß die Vereinsführung für jeden Jungen eine Tafel Schokolade mitbrachte und für die Verantwortlichen je eine Flasche Wein wurde lebhaft begrüßt. Es bleibt für die Zukunft zu überlegen, ob man eine derartige Gelegenheit, noch mehr Vereinsmitglieder am Lagerfeuer zu versammeln, nicht noch mehr ausnützen sollte.

Das Lagerfeuer hat etwas Verbindendes und seinem geheimen Zauber kann man sich schlecht entziehen. Von diesem Zauber könnten soviele Impulse für die Belebung des internen Vereinsdaseins ausgehen, daß man sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen sollte.

So kam der Samstagnachmittag heran, die Stunde des Abschieds war gekommen. Nach gründlicher Reinigung des gesamten Sportheimes, Gepäck-packen wurde nochmals Kaffee getrunken, den, von liebevollen Eltern geschickten Kuchen, Teebrötchen usw. verzehrt und zur Abreise fertiggemacht. Inzwischen waren unsere Fahrer eingetroffen, alles wurde verstaut und nach einem herzlichen Abschiednehmen von unserem "Freund" Stadelmann schieden wir vom Seehof.

Sieben herrliche Tage waren im Nu verflogen und jeder bedauerte, daß sie so schnell vorbei waren.

Nach der Ankunft im Dorf sangen wir noch gemeinsam unser Lagerfeuer-Schlußlied: Kein schöner Land in dieser Zeit ... und riefen uns ein herzliches "Auf Wiedersehen" zu.

Die Verantwortlichen entließen ihre "Schäfchen", die ihnen mitunter ganz schön zusetzten, und denen sie eine Woche ihres wohlverdienten Urlaubes geopfert hatten, in dem Bewußtsein, einer Sache zu dienen, die des Dienens wert ist:

Der Liebe zu unserer Jugend und der Liebe zu unserem schönen Handballsport.
Möge sich die Hoffnung erfüllen, daß, wenn auch nur ein kleiner Teil der Saat aufgeht, die innerhalb einer Woche gesät wurde.

Dann hat das Zeltlager der Handball-Jugend des TSV Wernersberg vom 1. - 8. August 1965 seinen Zweck voll und ganz erfüllt.


10. August 1965

Edmund Bachmann