Jugendzeltlager 1971 in Bodman

(Sonderausgabe des TSV-Vereinsblatts vom September 1971)

"Am Bodensee standen unsere Zelte ..."

Noch voller Eindrücke fällt es dem Chronisten fast schwer, einen Anfang in der Beschreibung des diesjährigen Zeltlagers zu finden; so randvoll angefüllt waren die Tage.

Fangen wir also ganz vorne an:
Es begann nämlich schon im Zeltlager 1970 in der Eifel, als wir uns entschlossen:

Im nächsten Jahr geht's zum Bodensee.

Die Ausrüstung unseres Lagers erlaubt es uns, hinzufahren wo es uns gefällt (bzw. wie weit unser Geldbeutel es gestattet). Wir haben uns in jeglicher Hinsicht auf eigene Füße gestellt und sind somit völlig unabhängig geworden; sei es die Ausrüstung mit Zelten, die der Küche mit Geschirr, Versammlungs- und Esszelt usw. - wir haben uns selbständig gemacht!

Also auf zum Bodensee, gedacht - getan!

Durch geschäftliche Verbindung eines Lagerverantwortlichen besorgte uns Herr Hertrich aus Singen einen Platz auf dem Waldbesitz der Grafen von Bodman. Wie schon fast zur Tradition geworden, fuhren die Verantwortlichen des Lagers am 1. Mai dorthin, um alles in Augenschein zu nehmen und zu prüfen, ob die notwendigen Voraussetzungen, wie wir sie brauchen, gegeben sind.

Wir waren auf Anhieb begeistert:

Wald, Wiesen, ebenes Gelände, gut anzufahren und vor allen Dingen: eine stets gefüllte Badewanne gehörte zu unserer Lagereinrichtung - "Der Bodensee!!!" Sicher ist der Weg mancher Badezimmer zum Schlafzimmer zu Hause weiter, als wir ihn hatten, von unseren Zelten zu unserem Badestrand.

Schon die Vortour war also schön, erst recht weil wir auf der Rückfahrt unsere Familie Wehrle auf dem Gisiboden besuchten. Wir wurden herzlich aufgenommen und verlebten einen schönen Abend auf dem Gisiboden. Es wurde uns regelrecht ans Herz gelegt, bald wieder dort hinauf zu kommen. Preisfrage: Wann soll das sein - ?

Die Vorbereitungen auf das Zeltlager 1971 waren also angelaufen. In einer ganzen Anzahl von Sitzungen wurden sämtliche Details besprochen und festgelegt, und dann konnte es losgehen:

Das Lager fand stattvom 11. - 18. August für Mädchen
vom 18. - 25. August für Jungen.

Es war das bisher größte Zeltlager.

Zwei Tage zuvor reiste ein Vorkommando unter Führung von Wilhelm Hagenmüller und Hermann Gläßgen ab und baute die ganze Zeltstadt auf. Es war tatsächlich eine regelrechte Stadt, die einem mittleren Zirkusunternehmen zur Ehre gereicht hätte.

Nach rund 6-stündiger Fahrt über Karlsruhe, Offenburg, Hausach, Triberg, Donaueschingen, Stockach wurde der Bodensee erreicht - viele der Mädchen und Buben sahen ihn zum ersten Mal. Zwar empfing er uns am ersten Tag mit einem etwas unfreundlichen Gesicht, aber dann war der Sommer wieder voll da. Die Zelte wurden bezogen, jeder suchte und fand seinen Platz und selbstverständlich wurde sofort ausgiebig gebadet. Die Wassertemperatur des Bodensees bewegte sich um 23 - 24 Grad.

Die Tagesabläufe waren abwechslungsreich und selbstverständlich mit reichlichem Badebetrieb ausgestattet. Nach dem Wecken um 7.00 Uhr wurden die Lebensgeister durch einen kleinen Frühsport wachgerüttelt, anschließend war Waschen, zum Teil wurde auch hier schon ein erfrischendes Bad genommen, das dann in einem ausgiebigen Frühstück einmündete. Der neue Lagerrekord im Verzehr von frischen Brötchen soll hier verschämt verschwiegen werden.

Das anschließende Zeltaufräumen war täglich für die Lagerverantwortlichen immer wieder eine Überraschung. Jede Zeltbesatzung wetteiferte untereinander so hervorragend, daß die tägliche Bewertungskommission "Unser Dorf soll schöner werden" es schwer hatte, eine gerechte Punkteverteilung vorzunehmen. Sicher hätten manche Eltern ihre helle Freude an dem Ordnungssinn ihrer Sprößlinge gehabt. Die besten Zeltbesatzungen wurden nach Lagerende mit schönen Preisen ausgezeichnet.

Wanderungen zur Marienschlucht, Geschicklichkeitsparcours, eine tolle Reporterjagd, ein umfangreiches Tischtennisturnier wechselten in bunter Reihenfolge ab. Mit zum Höhepunkt zählte wohl die Fahrt zur Insel Mainau und die Besichtigung der dortigen tropischen Sehenswürdigkeiten. Reife Orangen, Zitronen und Bananen und eine nie gesehene Blumenpracht riefen ein allgemeines Ah - und - Oh hervor. Wir erhöhten noch die Begeisterung der dort weilenden Touristen durch flott vorgetragene Fahrten- und Wanderlieder. Auch die anschließende Fahrt mit der Fähre quer über den Bodensee nach Meersburg wird sicher lange in Erinnerung bleiben. Mit etwas Phantasie fühlte sich sicher mancher auf dem weiten Ozean.

Im Bubenlager gab es sogar eine Nachtfahrt mit einem Kajütenboot auf dem Bodensee. Im Mädchenlager dagegen war der Besuch der Diskothek "Pinguin-Club" in Stockach das Erlebnis einer Nacht. Die "Tanzmäuse aus der Pfalz" wurden von dem Disjokei immer wieder am Mikrofon herausgestellt. Es war schön!

Singen war unsere große Stärke, nicht nur am abendlichen Lagerfeuer, sondern auch bei unserem Nachtmarsch nach Bodman, wo wir reichen Beifall ernten konnten. Der Kontakt zu der Bevölkerung war ein herzlicher. Auch die Spitzen der Behörden zollten uns hohe Anerkennung, die sogar so weit ging, daß der Vertreter des Landrates bei uns im Lager übernachtete. Der Bürgermeister von Bodman sagte wörtlich: "Ich habe schon viele Lager gesehen, aber das macht Euch so schnell keiner nach." Gute sportliche Kontakte wurden hergestellt in Steißlingen, einem Ferienort und einer Handballhochburg im Bodenseeraum. Während die C-Jugend mit 11:7 ihren Gegner bezwingen konnte, errang die A-Jugend in einem begeisternden Spiel einen 18:17 Sieg. Die Handballer von Steißlingen wollen unbedingt mit unserem Verein in engeren Kontakt treten und werden, durch unser Lager angeregt, im kommenden Jahr erstmals ein Jugendzeltlager durchführen.

Am meisten angetan von unserem Lager war wohl "unsere" Familie Hertrich. Wir haben gerade der Familie Hertrich für das Zeltlager 1971 in vielem zu danken. Das sei hier ganz offiziell und aus vollem Herzen getan. Es wäre müssig, hier alle Einzelheiten aufzuzählen - Familie Hertrich war der gute Geist unseres Zeltlagers.

An dieser Stelle sei auch denen gedankt, die durch großzügige Spenden mitgeholfen haben, eine gesunde finanzielle Grundlage des Zeltlagers zu schaffen.

Die große Attraktion war unser "Mobby-Dick", der uns von der Familie Trinklein aus Landau geschenkt wurde. Der Mobby-Dick (ein aufblasbarer Flugzeugrumpf eines Jagdflugzeuges in Originalgröße) war das Spielgerät, das wir auf dem Bodensee noch brauchten. Sicher denkt manch einer noch lange zurück als er - statt wie Münchhausen mit einer Kanonenkugel - mit dem Mobby-Dick des TSV Wernersberg stolz über den Bodensee ritt. Zahlreiche Boote legten bei uns an, sogar die Wasserschutzpolizei, weil sie glaubten, ein Flugzeug sei abgestürzt, und bestaunten unsere Attraktion. Eine wertvolle Ergänzung hierzu war unsere selbstgebaute schwimmende Insel.

Für das leibliche Wohl sorgte in schon traditioneller Weise ganz hervorragend unser Küchenchef Wilhelm Hagenmüller und seine Mitarbeiterinnen. Ihm wurde in Anerkennung seiner besonderen Verdienste die große Kochmütze verliehen und den übergroßen "Rührloffel am grünen Band." Er wurde ebenfalls Ehrenkapitän des "Mückenvernichtungsgeschwaders 157." Ein gerüttelt Maß Arbeit hatte auch der Chefeinkäufer Hermann Gläßgen - die tägliche Versorgung von über 50 Personen füllt einen Mann restlos aus. Die Fülle von weiteren Detailaufgaben lag auf den Schultern von Hertel Götz, Herbert Klein, Rolf Hagenmüller und Werner Schilling. Ein Verein kann sich glücklich schätzen, eine solche Betreuertruppe zu haben.

Die Tage vergingen wie im Fluge. Nach des Tages Umtrieb wurde es ruhig, und das allabendliche Lagerfeuer war der stimmungsvolle Abschluß. Um 22.00 Uhr erklang das letzte traditionelle Tagesabschlußlied "Nun Brüder eine gute Nacht", und um 22.30 Uhr wurde es auch in den Zelten ruhig.

Die Brandung des nahe gelegenen Bodensees sang ihr einschläferndes Lied und wiegte einem hinüber in gesunden Schlaf im Kreise der Kameraden. Auf der anderen Bodensee-Seite blinzelten die Lichter von Sipplingen und Überlingen herüber, bis auch dort Licht für Licht verlosch. Dann hatte nur noch die Nachtwache, in zweistündiger Ablösung ihren Dienst bis zum frühen Morgen - bis zu einem neuen Tag voll Leben, Lachen und Begeisterung im Jugendzeltlager des TSV Wernersberg am Bodensee.

Unsere Jugend hat durch Ordnung, Disziplin und Kameradschaft gezeigt, daß sie es verdient, ideelle und materielle Werte für sie einzusetzen. Wir wollen mithelfen, diesen guten Zustand zu erhalten. Mit dieser Jugend kann der TSV Wernersberg festen Schrittes in die Zukunft gehen.


Herzlichst Euer

Edmund Bachmann



Lassen Sie mich dem Bericht unseres Kameraden Bachmann einige Zeilen hinzufügen, und zwar sei gesagt, daß das Zeltlager in der Art und Weise, wie es durchgeführt wird, ohne seine erfinderischen Ideen gar nicht möglich wäre. Er ist es, der dem Zeltlagerleben das Gepräge gibt und dafür sei ihm ein offenes Wort des Dankes gesagt.

Dank sagen möchte ich auch allen anderen, die dazu beigetragen haben, daß wir das Zeltlager durchführen konnten. Sei es durch Sach- oder Geldspenden oder ihre freiwillige Arbeitsleistung. Ohne diese Großzügigkeit wären wir wahrscheinlich nicht in der Lage, ein Zeltlager durchzuführen.

Der Verein ist stolz, solche Männer und Frauen in seinen Reihen zu haben.


Für den Vorstand:
gez. Hermann Gläßgen
1. Vorsitzender